Am Samstagnachmittag fuhren wir nochmals nach Kibera. Auf dem Weg dort hin merkte ich, dass ich mein Handy zuhause vergessen hatte. Ich wollte es noch kurz aufladen, aber im Moment als der Driver vor dem Tor stand, vergass ich es einzupacken…
Netterweise durfte ich dann unterwegs mit dem Handy vom Driver unsere Aktivität auf AirBnB suchen, aber leider hatten wir so die Nummer vom Organisator nicht, sondern nur den Treffpunkt. Wir fuhren also nach Kibera und es stellte sich heraus, dass unser Driver noch selten bis nie dort war – mit Rumfragen versuchte er also herauszufinden, wo er genau hinfahren muss. Schlussendlich landeten wir bei einem Schulgebäude – doch es stellte sich heraus, dass es das falsche ist. Mittlerweile hatten wir noch einen Mann aus Kibera an der Seite, welcher uns versuchte zu unterstützen. Doch er kannte weder den Namen der Organisation (KCOOP, Kibera COmmunity Outreach Project), noch den Namen vom Gründer der Organisation (Erik Okoth)… Schlussendlich fand ich mit dem Handy von unserem Driver auf Tripadvisor die Telefonnummer von Erik Okoth und glücklicherweise erreichten wir ihn sofort – und er konnte unserem Begleiter aus Kibera den Standort durchgeben. So fuhren wir alle gmeinsam dort hin und ich war sehr erleichtert als wir dort endlich unsere Kontaktperson gefunden hatten.
Überraschenderweise kannte ich unsere Kontaktperson bereits – zwar nicht mit Namen, aber ihr Gesicht begegnete mir bereits ein anderes Mal während der letzten Tage. Sie musste mir kurz auf die Sprünge helfen: „Ich bin die Lehrerin.“ — ah ja, klar, die Lehrerin, die mit den vielen Kindern die Lieder und Tänze für den Wettbewerb einstudierte. Wir sind ihr auf der Tour durch Kibera in der Schule der Seed Stiftung begegnet. Nun erklärte sie mir, dass sie während der Woche die Lehrerin der Kinder ist an der Schule – und am Wochenende und an Feiertagen durch die KCOOP Organisation die Kinder im Children’s Centre ebefalls betreut. Die Gründer der beiden Organisationen seien befreundet. Die Idee mit dem Centre sei, dass die Kinder jeden Tag eine warme Mahlzeit erhielten und einen Zufluchtsort haben. Auf die Frage, ob es dann keine anderen Freiwilligen aus Kibera gäbe, welche diesen Part übernehmen könnten, meinte sie: „Ich bin ihre Lehrerin. Sie kennen mich und ich kenne sie. Es gibt niemanden der diese 60 Kids so im Griff hat wie ich.“
Das Nachmittags-Programm
Das Children’s Centre befindet sich Mitten in den Wellblech-Dächern und ist selbst ebenfalls ein simpler Bau aus Wellblech-Wänden und -Dächern. Als wir ankommen, sitzen die Kinder schon an ihren Plätzen und begrüssen die Lehrerin und uns im Chor. Danach geht’s los mit Spielen – einige Kinder dürfen sich melden um vorne „Reise nach Jerusalem“ zu spielen. Später gibt’s lustige Tanzspiele für alle und die Kinder tanzen einige Choreographien vor – bevor es zum „Vorlese-Wettbewerb“ kommt. Die Lehrerin setzt die Kinder stufendurchmischt an die Tische und jeder Tisch erhält ein Buch mit einer Kurzgeschichte. Ganz eifrig fangen die Kinder an zusammen die Geschichten zu lesen, denn danach soll eine Person vom Tisch der gesamten Gruppe die Geschichte laut vorlesen und eine weitere Person fasst die Geschichte kurz zusammen. Als Gast war es meine Aufgabe jeweils noch eine Verständnisfrage zur Geschichte zu stellen.
Nach anfänglicher Schüchternheit fühlte sich N., mein Sohn, zwischenzeitlich pudelwohl in der Gruppe und fing an mit den Kindern zu interagieren und mehr Blödsinn zu machen als sich diese Kinder je erlauben würden. Denn wenn jemand nicht aufpasste, kam die Lehrerin vorbei und kniff sie in die Backe oder schickte sie sogar nach Hause – was bedeuten würde, dass sie den letzten Teil des Nachmittags verpassen würden = das Zvieri (eine Mahlzeit).


Fürs Zvieri gingen die Kinder nach dem Vorlese-Wettbewerb alle kurz nach Hause, um ihre Plastik-Tasse zu holen. Blitzschnell waren alle wieder zurück und sitzten geduldig bis allen Kindern das warme und nahrhafte Porridge eingeschenkt wurde. Dieses Porridge wurde im kleinen Nebenraum in einem grossen Topf auf einem Gasring gekocht. Mein Sohn und ich halfen fleissig mit beim Befüllen und Verteilen der Becher – und N. verteilte auch noch das Zvieri, das wir aus der Schweiz mitgenommen haben: Schokolade. Ich hatte eine grosse extra dicke Tafel mitgenommen und vor Ort in kleine Stücke geschnitten (leider nicht ganz für alle, aber niemand meckerte). Doch stellte sich heraus, dass die Kinder noch nie (oder nur sehr selten) Schokolade gegessen hatten. Die meisten liessen sie fast vollständig auf ihrer Hand zerlaufen, weil sie sie etwa nicht mit einem Bissen assen, sondern daran schleckten, wie an einem Eis. Einige sparten die Schokolade richtig auf, sodass sie noch hatten als alle schon Porridge erhalten hatten. Übrigens assen bzw. tranken die Kinder das Porridge erst nach dem gemeinsamen Tischgebet, das sie wiederum im Chor aufsagten. Nach dem Essen gingen die Kinder wiederum kurz nach Hause, um die schmutzigen Becher dort zu deponieren und kamen dann noch ein letztes Mal zurück, um die Plastik-Tische und -Stühle aufzuräumen (die müssen extra verschlossen werden, damit sie nicht gestohlen werden). Zum Schluss tanzten und spielten die Kinder ausgelassen zusammen:

Hinterlasse einen Kommentar