Jetzt sitzen wir im Bus von Tengeru nach Daressalam. Zehn Stunden dauert die Fahrt, doch es tut gut in diesem langsamen Tempo von unserem temporären Zuhause Abschied zu nehmen. Gleichzeitig ist es spannend unterwegs die unterschiedlichen neuen Landschaften zu entdecken. Rechts von uns sind weite Ebenen mit wenigen Hügeln – und links von uns sind verschiedene Berge, aktuell die Usambara-Berge. In Daressalam, der grössten Stadt Tansanias und der ehemaligen Hauptstadt, bleiben wir eine Nacht bis es morgen mit der Fähre nach Sansibar geht.
Rückblick
Bevor in Sansibar ein neues Kapitel beginnt, gebe ich euch gerne einen Einblick in unsere Erlebnisse während den letzten zwei Wochen. Vor zwei Wochen hatte ich etwas einen Durchhänger – es wurde mir etwas „langweilig“ im Dorf. Ich hatte Lust noch mehr zu entdecken während meiner Zeit hier, welche langsam aber sicher dem Ende zugeht. So habe ich Pläne geschmiedet: Einerseits wollte ich einen zweiten „Game-Drive“ („Safari“ = Reise in Suaheli) erleben (nach dem ersten in Nairobi Nationalpark). Andererseits hatte ich Lust die Region um Moshi kennenzulernen.
Moshi – Abenteuerland
Moshi liegt ca. 1,5 Auto-Fahrstunden entfernt von Tengeru, direkt am Fusse des Kilimandscharos. Ich hatte grosse Lust aufs Wandern und auf das Entdecken des Dschungels. Dafür habe ich auf GetYourGuide ein passendes Angebot gefunden: „Kilimanjaro-Wanderung Marangu Route Tagesausflug“. Weiter gibt es auf dem Weg nach Moshi eine heisse Quelle namens „Chemka Hotsprings„, wo ich schwimmen gehen wollte – und über Booking.com habe ich herausgefunden, dass es auch möglich ist in Moshi Fahrrad-Touren zu machen – und habe dafür bei Bike2Kili einen Halbtages-Ausflug reserviert. So buchte ich zusammen mit meinem Sohn, Diana und einem Freund aus Tengeru ein verlängertes Wochenende in Moshi. Schon vorneweg die Info – ich liebe Moshi und die Angebote, die es dort gibt. Dieses Wochenende hat mich total aufgetankt.
Heisse Quelle – Maji moto (heisses Wasser)
Am ersten Tag fuhren wir zur heissen Quelle – zuerst mit dem Bus. Und als wir so unterwegs waren, steht ein Mitreisender plötzlich vorne in die Mitte des Ganges und beginnt damit Schuhe zu verkaufen – und plötzlich packt er die Schuhe weg und beginnt zu predigen. Die Leute hören zu oder nicht – jedenfalls ist es ruhig im Bus und niemand „wehrt“ sich gegen die spontane Unterhaltung. Wie meistens in Tansania spricht er vor allem Suaheli, nur kurz als er darüber spricht, dass Geld nicht glücklich macht bzw. das Bedürfnis der Seele nicht erfüllt, schaut er in meine Richtung und spricht Englisch… Recht hat er ja – nur gibt es aus meiner Sicht auch andere Wege neben der Bibel, welche uns Seelennahrung geben.
Als er zum Schluss für uns alle betet und auch persönliche Gebete anbietet, heben ein paar Mitreisende die Hände. Nach der Predigt komme ich mit ihm ins Gespräch. Er erklärt mir, dass er eigentlich in der Informatik arbeitet, ein Schweizer aus Zürich hätte ihm sein Studium finanziert, und es sei ihm einfach wichtig überall Gottes Wort zu verbreiten…
Später steigen wir auf ein Tuktuk um und holpern 30 Minuten über eine staubige Strasse. Mein Sohn durfte wie immer vorne auf dem Schoss des Chauffeurs sitzen und mitsteuern – doch nach einer Weile war er so erschöpft von der Reise, dass er auf seinem Schoss einschlief. Ach, wie er all diese Tuktuk- und Motorradfahrten hier vermissen wird… Am Zielort angekommen, freuen wir uns auf das erfrischende Bad und wir wurden nicht enttäuscht. Das Wasser hat eine sehr angenehme Temperatur. Es ist nicht heiss, aber auch nicht kalt – angenehm um darin zu verweilen. Wir haben es genossen. Die Bilder und Videos sprechen für sich:




Die Wanderung am Fusse des Kilimandscharos

Wichtig, zu wissen ist, dass man hier für die meisten Aktivitäten – nur schon das Betreten eines Waldes / Besuchen eines Wasserfalls oder Nationalparks – „Eintritt“ bezahlt UND meistens auch einen Guide nehmen „muss“. Ja, viele Leute leben hier vom Tourismus – und sie wissen, wie sie zum Geld kommen. Normalerweise sind die Preise verhältnismässig günstig, in der Schweiz würde man für einen Tourguide mehr bezahlen. Doch der Eintritt für den Kilimandscharo Nationalpark und den Guide für die Wanderung waren eher teuer: die Parkgebühr ist 82$ und für den Guide 89$ (inkl. 1.5h Taxifahrt von Moshi zum Nationalpark, retour + Lunchbox). Zum Glück ist der Dollar momentan so schwach… Fairerweise gibt es überall verschiedene Preiskategorien, sodass sich auch Einheimische den Eintritt leisten können. So ist der Eintritt zum Kilimandscharo Nationalpark für Einheimische nur 8$.
Die Wanderung hätte ich theorertisch gut alleine machen können, weil es kaum Möglichkeiten gibt, sich zu verlaufen. Doch dank dem Arrangement mit GetYourGuide war noch eine junge Amerikanerin mit dabei, die ebenfalls für einen Monat einen Freiwilligeneinsatz gemacht hat und ihre letzten Tage am geniessen war. So hatte ich mit ihr, unserem Guide und seinem Praktikanten eine gute Wanderbegleitung. Unser Guide hat an einer der vielen „Community Development“ Schulen studiert – und da mich dieser Bereich ebenfalls interessiert, habe ich ihn etwas darüber ausgefragt. Leider hat er nach dem Studium nie in diesem Bereich gearbeitet, weil er eine Arbeit gefunden hatte als Träger und Guide im Kilimandscharo Nationalpark. A propos Träger – ich war überrascht wie viele vollbeladene Träger uns auf der Wanderung begegneten. Offiziell tragen sie 20kg pro Person – doch die riesigen Taschen sahen für mich eher schwerer aus. Anscheinend braucht es für das Material (Essen, Zelt, Kleidung) für das Gipfel-Besteigen von 1 Person, 7 Träger:innen (ja, es gibt tatsächlich in diesem Business mittlerweile auch Frauen). Diesbezüglich hat mir unser Guide ein gutes Beispiel erklärt, was Community Development oder Projekt Management betrifft. Anscheinend gibt es ein paar Leute, die ein Gondelbahn Projekt haben für den Kilimandscharo. Einerseits könnte man dadurch den Ort für mehr Menschen zugänglich machen und „modernisieren“. Doch wenn dein Projekt die Arbeitsplätze von Menschen bedroht – in diesem Fall von den Träger:innen – musst du viel Überzeugungsarbeit leisten und diese Personen in deinem Seilbahn-Projekt involvieren — ansonsten werden sie alles dafür machen, dass dein Projekt nicht realisiert wird und sie ihren bestehenden Job behalten können.















Schluss mit all diesen Infos zu den Rahmenbedingungen der Wanderung – denn die Nachricht, die euch bleiben sollte ist: Macht diese Wanderung unbedingt!! Für mich war diese Wanderung durch das ruhige Dickicht im satten Grün, mit dieser wunderbaren frischen sauberen Luft ein Highlight. Die gesamte Wanderung hat sich angefühlt wie die Natur mich umarmen möchte. ❤️ Mir persönlich gibt so ein Tag mit Bewegung, umgeben von Natur viel mehr als ein Tag auf Safari, eingeschlossen in einem Auto, umgeben von vielen anderen Safari-Autos…
Die Strasse auf der wir fahren, ist die Hauptverbindungsstrasse zwischen dem Norden und Daressalam – und trotzdem gibt es kaum Verkehr. Wir sehen vor allem Lastwagen oder andere grössere und kleinere Busse, aber höchst selten Personenwagen. Wenn wir durch die Dörfer fahren, gibt es ein paar Motorräder, Velos oder Tuktuks – aber diese scheinen weniger weite Distanzen zurückzulegen – oder zumindest nicht in der Masse. Und ja, in Tansania fahren wir auf der linken Strassenseite. Hier gilt: „Rechts gehen, Gefahr sehen!“
Fahrrad-Tour durch Moshi
Wir werden versuchen dort auch mit anderen Tourist:innen über unser Crowdfunding Projekt zu sprechen. Aktuell sind wir auf 16% – yeeah, wir können es schaffen! Herzlichen Dank für alle eure Beiträge – auch mit 300 x Chf 30 kommen wir auf Chf 9’000.- um die Finazen für die Pazuri Kita- und Kindergarten-Klasse für die nächsten zwei Jahre zu sichern! Asante sana!
Eine weitere Wohltat für mein Freiheitsgefühl war unser Ausflug am Sonntag. Nach 1.5 Monaten immer nur in Tuktuks oder auf Motorräden unterwegs, habe ich es extrem genossen – mal wieder mit eigener Kraft in die Pedale zu treten und den Fahrtwind zu spüren. Mit Said von Bike2Kili haben wir die Umgebung von Moshi erkundet: riesige Zuckerrohr-Plantagen, Reisfelder, Maisfelder, ab und zu wieder mal ein Baobab Baum, ein kleines Dorf mit viel Leben auf der Strasse… und zum Schluss das Rau Waldreservat. Es war wunderbar. Auch das ein Highlight mit meiner wärmsten Empfehlung. Auch dieser Ausflug war eher „teuer“ für tansanische Verhältnisse, aber als Überraschung war ein professioneller Fotograf dabei, dessen Fotos wir gratis erhalten haben, nachdem wir unsere Tripadvisor Review geschrieben haben. 😉 Schaut selber:

















Game Drive im Tarangire Nationalpark










Der Tarangire Nationalpark ist bekannt für viele Elefanten – und wir können es bestätigen, wir haben viele von ihnen gesehen. Und durch unseren Guide auch einiges über sie gelernt:
– die „inneren Zähne“ der Elefanten wachsen all 10 Jahre nach… Gesamthaft 6x in ihrem Leben = ab 70 Jahren verhungern sie langsam, weil ihnen die Zähne zum Beissen fehlen.
– Im Gegensatz dazu wachsen die Stosszähe nicht nach…
– Elefantenherden sind matriarchal organisiert, weil die männlichen Tiere die Gruppe immer wieder verlassen und zeitweise alleine unterwegs sind, aber die Weibchen bleiben immer zusammen.
– Die grösseren Elefanten machen die Bäume kaputt/ reissen Äste runter, damit die Jungen an die Blätter und Äste rankommen
10 Stunden mit dem Bus
Mittlerweile sind wir in Daressalam angekommen. Unterwegs sind wir noch an riesigen Agaven-Felder vorbeigefahren. Anscheinend kultivieren sie diese vor allem für die Gewinnung der Fasern, um daraus Stoffe zu weben bzw. Schnüre zu drehen. An einem Ort haben wir an der Strasse gesehen, wie sie die Fasern zum Trocknen aufhängen – leider konnte ich es nicht fotografisch festhalten. Doch online habe ich dieses Video dazu gefunden: Video auf Youtube
Nachdem wir uns von den Bergen im Norden verabschiedet haben und die Strasse uns nicht mehr in den Osten, sondern in den Süden führten, überquerten wir viele sanfte Hügelchen und fuhren unter anderem durch eine „Orangen-Region“. Dies war nicht zu übersehen, weil es an den Markständen am Strssenrand einfach ausschliesslich Orangen zu kaufen gab. Übrigens sind die tansanischen Orangen gelb und nicht orange – und aus meiner Sicht sind die europäischen orangen Orangen etwas saftiger…
Diese Nacht übernachten wir in einer Nachbarschaft in Daressalam mit vielen Indischen Tansanianer:innen. Nachdem wir hier angekommen sind, haben wir uns etwas mit dem Mann unterhalten, der hier das Tor zum Gebäude 24/7 bewacht. Er hat uns seinen Outdoor-Schlafplatz gezeigt. Für seine Arbeit erhält er 40’000 Tansanische Schillinge pro Monat, sprich er hat einen Tageslohn von rund 1’300 Tansanischen Schilling. Wer sich erinnert 10’000 TZS = 3 CHF x 4 = 12 CHF pro Monat. Mit diesem Geld kann er sich kaum ernähren… Doch anscheinend war die Not auf dem Land, wo er zuvor gewohnt hatte noch grösser – als die kleine Hoffnung zu überleben, die ihn in die Stadt getrieben hat.

Ja, und wir haben nun das Privileg mit viel viel Geld (verglichen zum Lohn dieses Wächters) für 10 Tage Ferien zu machen in Sansibar (mittlerweile sind wir bereits mit der Fähre nach Sansibar gereist und haben das erste Mal im indischen Ozean gebadet – ja, ihr seht, es braucht Zeit eine Blog zu gestalten).


Hinterlasse einen Kommentar