Am Flughafen in Abu Dhabi gab es gemütliche Sofa-Ecken und ich setzte mich mit meinem Sohn auf ein Sofa gegenüber von einem jungen Mann, der muslimisch gekleidet war. Ich überlegte mir schon, ob es hier überhaupt angebracht ist als Frau in eine Sofa-Ecke zu sitzen, wo bereits ein Mann ist – oder wie die Gepflogenheiten in den Vereinigten Arabischen Emiraten diesbezüglich wohl seien.
Jedenfalls machte er plötzlich kurz eine Sprachnachricht an jemanden – und da muss ich ihn wohl mit so grossen Augen angeschaut haben, dass er mich in Russisch fragte, ob ich Russin sei. Ja, er hat Russisch gesprochen und irgendwie überraschte mich das in meinem übernächtigten Zustand sehr, weil ich gerade darüber sinnierte, dass er wohl aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kommt – und jetzt von da aus ebenfalls nach Nairobi reist: vielleicht als „muslimischer Missionar“? Im Reiseführer hatte ich ja gelesen, dass sich Islamischer Fundamentalismus am Verbreiten sei – und dass dieser von der Arabischen Halbinsel finanziert wird, ist ja ein offenes Geheimnis… Doch meine Fantasie ging zu weit, meine Einschätzung war falsch. Er erklärte mir, dass er seit einem halben Jahr in Saudi Arabien lebt und arbeitet und jetzt das erste Mal zurück fliegt zu seiner Mutter nach Kazhakzstan. Als Einzelkind sei das wirklich die maximale Zeitdauer, die er seine Mutter nicht sehen kann.
Weiter erläuterte er mir den Unterschied zwischen der Migrations-Politik in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). In Saudi-Arabien könne er als Ausländer weder einen Job beim Staat kriegen, noch eine Wohnung kaufen und erst recht nicht eingebürgert werden. Sprich, das Land funktioniere so, dass der Fokus darauf liege, dass es den Einheimischen gut gehe. So sei es zum Beispiel auch nötig Arabisch zu lernen, um sich im Alltag zu integrieren. In den VAE hingegen liege der Fokus darauf, dass sich die Ausländer:innen wohl fühlen. Das Land passe sich den Ausländer:innen (zu stark?!) an, anstatt die Ausländer:innen, die dort wohnen den lokalen Begebenheiten. Aufgefallen ist mir diesbezüglich das Werbe-Video über die VAE im Flugzeug vor der Landung. Verschiedene Personen aus der Geschäftswelt erzählten darin, wie gut es ihnen in den VAE gefällt, wie fortschrittlich die Dinge laufen und wie sich Investitionen dort lohnen.
Der Kazake meinte dann einerseits, dass er keine Ambitionen hätte nach Europa zu ziehen. Einerseits weil er befürchtet, dass bei uns ein starker Rassismus verbreitet ist und er so nicht akzeptiert sein würde. Andererseits weil er denkt, dass Europa denselben Fehler macht wie die VAE – dass wir uns zu stark anpassen und zu wenig unsere Bevölkerung schützen/bevorzugen, was z.B. Arbeit und Wohnen betrifft.
Ich bestätigte ihm, dass vor allem die überteuerten Wohnungspreise tatsächlich ein Problem seien und z.B. die Bevölkerung in Spanien ähnliche Regeln fordert, wie diese, welche in Saudi-Arabien anscheinend bereits existieren. Als er meinte, dass die Wohnungen in Saudi-Arabien wirklich sehr günstig seien, fragte ich nach, wie viel er dann dafür bezahle: 400 $/ Monat für eine 3-Zimmer-Wohnung in einem neuen Gebäude im Stadtzentrum. Dabei sei Usus, dass man die Miete im Voraus für ein ganzes Jahr bezahlt – sonst kriege man nicht so einfach so eine Wohnung.
Übrigens unterhielten wir uns in Englisch, nicht in Russisch. Und à propos Sprachen – er hätte auch Interesse in Saudi-Arabien weiterzustudieren – jedoch muss er dafür noch besser Arabisch lernen. Denn ein Studium in Englisch existiere nicht – tja, der Nationalstolz lässt grüssen.
Die Schweiz am Flughafen Abu Dhabi
Noch eine ganz andere Beobachtung, die mich beeindruckt hat: wir stark Schweizer Marken mit Geschäften am Flughafen in Abu Dhabi vertreten sind: über Läderach Schokolade, zu Tissot Uhren bis zu Bally Schuhen & Taschen — schon verrückt, dass wir als so kleines Land weltweit eine so grosse Präsenz einnehmen.

Ein paar Impressionen von unterwegs:







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